Ein Wirtshaus mit viel Herz: Die Herzl ist 90
Kategorie: Zeitungsbericht
90 Jahre hat das Traditionsgasthaus Die Herzl in der Grazer Innenstadt auf dem Tresen. Edith Seitinger lenkt seit 20 Jahren die Geschicke – durch Corona, Preisdruck und Kellnermangel.
Edith Seitinger hat alles schon erlebt. Studenten, die so wild auf den Tischen tanzten, dass man sie ein bissl einbremsen musste. Familien, die sie von der Wiege – einer Taufe – bis zum Grab – dem Begräbnis des Opas – begleitet hat. Verliebte, die sich tief ins Gewölbe drücken, weil’s da halt gar so romantisch ist. Das erste Date, das erste Busserl – die zweite Hochzeit. Wie von jenem Steirer, der seine erste in der Herzl gefeiert hatte – nach dem Tod der geliebten Gattin ehelichte der Witwer deren beste Freundin, wieder im Schatten des bekannten Baumes im Innenhof.
Speisen neben Promis
Anekdoten erzählt die Wirtin gern – nie aber würde sie ausplaudern, welcher Politiker sich hier mit welchem trifft, dafür aber gerne, wie entzückt viele Gäste sind, wenn sie zeitgleich mit Mario Barth (Tattoo-Legende), Mario Barth (Komödiant), der Jazz Gitti oder Michael Ostrowski speisen. Backhendl etwa, dem Renner hier, man ist berühmt fürs Bodenständige, auch wenn es dem Zug der Zeit entsprechend auch schon Veganes gibt.
Wenn diese Mauern reden könnten – sie würden Bände sprechen. Vor 90 Jahren hat Robert Herzl die Gaststube im Herzen der Innenstadt für die Gäste geöffnet, die Geschichte des Hauses geht natürlich noch viel weiter zurück. “Hier war sicher einmal eine Ausschank, so wie die meisten Gebäude damals auf diesem Platz“, sagt Edith Seitinger. „Das Tor passt genau für eine Kutscheneinfahrt, auch ein Stall dürfte dabei gewesen sein.“
Das Haus hat also stürmische Zeiten erlebt, überlebt, auch in jüngster Geschichte, mit “quälenden nur 30 Essen am Tag nach Corona“, erinnert sich Seitinger. Heute sind es an Top-Tagen 600.
Vieles ändert sich rasant, heute wird, resümiert die Chefin, zum Beispiel viel weniger Alkohol getrunken als früher, dafür mehr auf den Nachtisch geschaut. Die Wirtin, die eigentlich Architektur studiert hatte, davor aber schon lokale Größen wie das „Graba 43“ oder den Keplerkeller lenkte, beobachtet alle Veränderungen mit viel Interesse. Ihre Prognose: “Die Gastronomie, so wie wir Steirer sie kennen, stirbt aus“, sagt sie. “Übrig bleiben wird die hochpreisige sowie die Systemgastronomie, die wenig Personal braucht.“
Das sei das größte Problem, das die 58-Jährige in ihrem Haus nur durch ein “bemühtes Stammpersonal“ und persönliches Engagement bewältigen kann. “Aber auch nur, weil der Job mein Leben ist und ich keine Freizeit brauche, sonst ginge das nie.“ Dass ihre Zunft aktuell als Preistreiber dasteht, das findet sie nicht in Ordnung. “In Wahrheit waren wir vor Corona stark unterpreisig, das musste irgendwann aufgeholt werden. Und unsere Branche treffen Kostenerhöhungen halt von allen Seiten, Strom, Mieten, die extrem hohe Anpassung des Kollektivvertrages.“
Die Zeiten ändern sich, die Mur fließt weiter, die Herzl steht seit 90 Jahren wie ein Fels in der Grazer Gastrobrandung. Es werden sich noch viele Herzen in der Herzl zufliegen. Im Gemäuer, das schon viel Geschichte erlebt hat. Und noch viel erleben wird.
Quelle © Kronen Zeitung, Christa Blümel
Foto © Herzl: WKO-Spartenobmann Klaus Josef Friedl überreicht Edith Seitinger die Auszeichnung für unternehmerische Leistung
Anekdoten erzählt die Wirtin gern – nie aber würde sie ausplaudern, welcher Politiker sich hier mit welchem trifft, dafür aber gerne, wie entzückt viele Gäste sind, wenn sie zeitgleich mit Mario Barth (Tattoo-Legende), Mario Barth (Komödiant), der Jazz Gitti oder Michael Ostrowski speisen. Backhendl etwa, dem Renner hier, man ist berühmt fürs Bodenständige, auch wenn es dem Zug der Zeit entsprechend auch schon Veganes gibt.
Wenn diese Mauern reden könnten – sie würden Bände sprechen. Vor 90 Jahren hat Robert Herzl die Gaststube im Herzen der Innenstadt für die Gäste geöffnet, die Geschichte des Hauses geht natürlich noch viel weiter zurück. “Hier war sicher einmal eine Ausschank, so wie die meisten Gebäude damals auf diesem Platz“, sagt Edith Seitinger. „Das Tor passt genau für eine Kutscheneinfahrt, auch ein Stall dürfte dabei gewesen sein.“
Das Haus hat also stürmische Zeiten erlebt, überlebt, auch in jüngster Geschichte, mit “quälenden nur 30 Essen am Tag nach Corona“, erinnert sich Seitinger. Heute sind es an Top-Tagen 600.
Vieles ändert sich rasant, heute wird, resümiert die Chefin, zum Beispiel viel weniger Alkohol getrunken als früher, dafür mehr auf den Nachtisch geschaut. Die Wirtin, die eigentlich Architektur studiert hatte, davor aber schon lokale Größen wie das „Graba 43“ oder den Keplerkeller lenkte, beobachtet alle Veränderungen mit viel Interesse. Ihre Prognose: “Die Gastronomie, so wie wir Steirer sie kennen, stirbt aus“, sagt sie. “Übrig bleiben wird die hochpreisige sowie die Systemgastronomie, die wenig Personal braucht.“
Das sei das größte Problem, das die 58-Jährige in ihrem Haus nur durch ein “bemühtes Stammpersonal“ und persönliches Engagement bewältigen kann. “Aber auch nur, weil der Job mein Leben ist und ich keine Freizeit brauche, sonst ginge das nie.“ Dass ihre Zunft aktuell als Preistreiber dasteht, das findet sie nicht in Ordnung. “In Wahrheit waren wir vor Corona stark unterpreisig, das musste irgendwann aufgeholt werden. Und unsere Branche treffen Kostenerhöhungen halt von allen Seiten, Strom, Mieten, die extrem hohe Anpassung des Kollektivvertrages.“
Die Zeiten ändern sich, die Mur fließt weiter, die Herzl steht seit 90 Jahren wie ein Fels in der Grazer Gastrobrandung. Es werden sich noch viele Herzen in der Herzl zufliegen. Im Gemäuer, das schon viel Geschichte erlebt hat. Und noch viel erleben wird.
Quelle © Kronen Zeitung, Christa Blümel
Foto © Herzl: WKO-Spartenobmann Klaus Josef Friedl überreicht Edith Seitinger die Auszeichnung für unternehmerische Leistung